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Wolfgang Kantner, Heinz Dungler, Philipp Aschenbrenner:

Wachau – Natur- & Kulturlandschaft
Die Wachau ist eine großartige Kulturlandschaft in Niederösterreich. Sie zieht alljährlich tausende Touristen aus nah und fern an. Auch ein immer größerer Kreis an Kletterern erfreut sich an den oft bizarren Gesteinsformationen aus Gneis und nutzt das vielfältige Angebot dieser Region.


 

Felskletterer und Felsenbrüter in der Wachau
Beginnend mit den Erschließungen und Publikationen von Heinz Höllebauer wurde die Wachau für Kletterer in Ostösterreich ein Begriff. Peter Dunst setzte diese Tradition fort und veröffentlichte mit seinem Wachau-Kletterführer ein unübertroffenes Standardwerk. Für viele Kletterer war und ist die Wachau das Trainingsgebiet zur Vorbereitung auf Westalpentouren und für das Klettern im Kristallingestein.
Die Wachau bietet unterschiedlichste Klettermöglichkeiten. Gerade diese Diversität ist neben dem Wachauer Marillenknödel eine Spezialität der Region.
Durch die oft südseitige Lage der Kletterfelsen und dem dunklen Fels erwärmt sich dieser recht rasch und ermöglicht es, in diesem begünstigten Weinbauklima sogar im Winter zu klettern. Der Sommer kann dafür schon bedenklich heiß werden. Trotz der Variabilität von vielen Türmchen und Wandseiten muss die Temperatur ernsthaft berücksichtigt werden, sofern es bei einem angenehmen Erlebnis bleiben soll.
Neben einem oft recht großen Trubel in den Klettergärten um Dürnstein findet man auch ausgesprochen ruhige Gebiete, in denen sich so manches Kletterprojekt entspannt finalisieren lässt.

Ein Wermutstropfen ist jedoch die Tatsache, dass trotz der ausreichenden und in Summe nie überfüllten Kletterbereiche die Erschließungsaktivitäten fortgesetzt werden. Da die Felsen mit exzellenter Qualität und größerer Wandhöhe bereits erschlossen sind, verlagert sich die Erschließungstätigkeit zur B-Kategorie. Nicht ganz zuverlässige Gebilde, Wände mit besonderer Botanik und Orte mit unliebsamen Insekten treten in das Rampenlicht der Kletterszene. Es macht den Anschein, als müsse heutzutage jede Woche ein neuer „geheimer“ Kletterspot veröffentlicht werden, um das Publikum bei Laune zu halten. Geht Quantität vor Qualität? Oder geht es um Selbstverwirklichung und darum, seinen Schriftzug den nächsten Generationen unterzujubeln? Möglicherweise wäre es zielführender, einen respektvolleren Umgang mit den Klettergebieten zu pflegen (Magnesia sparsam verwenden und abbürsten, saubere Kletterschuhe, präzises Ansteigen, Können einschätzen, Vorstiegsklettern, etc.), als ein Ausweichen in Unverbrauchtes und vielleicht Verzichtbares zu vollführen.

Was haben wir bis jetzt völlig außer Betracht gelassen? Den Fels als spezifischen Lebensraum! Wer hat nicht schon einmal unbeabsichtigt eine Eidechse beinahe erdrückt, die in ihrem Felsenversteck dachte, sie wäre sicher? Sind wir nicht unabsichtlich im Mai in ein Vogelnest hineingeklettert, wo wir keines vermuteten?
Gerade Felswände sind für einige Vogelarten unerlässliche Brutplätze und diese gilt es, so gut wie möglich unbeeinflusst zu lassen. Klettern als Breitensport findet auch in der Wachau statt und legt bei den Besucherzahlen deutlich zu. Zu oft vergessen wir, dass wir uns in einem sensiblen Naturraum bewegen, in dem ein Miteinander erforderlich ist und kein Alleingang des Menschen. Die Natur und der Fels sollen nicht zu unserem exklusiven Turngerät verwandelt, sondern mit Achtsamkeit betreten werden. 

Für die Wachauer Klettergebiete sind die Wiener Kletterinnen und Kletterer ein erheblicher Besucher*innenfaktor. Daher ist im Herbst 2019 Birdlife Österreich an den Landesverband Wien des Alpenvereins unter der fachlichen Leitung von Heinz Dungler herangetreten. Dieser konnte den Alpenverein Edelweiss als Projektpartner gewinnen, um gemeinsam eine Bewusstseinsbildungskampagne zu initialisieren. Starten möchten wir mit diesem Artikel, um einerseits aufzuzeigen, um welche Vogelarten es sich im Speziellen handelt und welches Verhalten wir an den Tag legen sollten, um keine negativen Störungen zu verursachen.
In diesem Sinne wünschen wir viele erlebnisreiche Klettertage in der Wachau.

Lebensraum FELS
Felsen sind nicht nur für Kletterinnen und Kletterer interessant, sondern dienen auch einer sehr spezialisierten Gruppe von Lebewesen als Lebensraum. In der lokalen Vogelwelt der Wachau sind es vor allem drei Vogelarten, die in ihrem Bestand teilweise österreichweit gefährdet sind und die die Felsen als Lebens- oder Brutraum nutzen.
Es sind dies der Kolkrabe, der Uhu und der Wanderfalke. Weitere Vogelarten nutzen Felsen ebenfalls als Lebensraum, sind aber aktuell in der Wachau nicht gefährdet (Zippammer, Turmfalke).




Kolkrabe (Corvus corax)
Der Kolkrabe, der größte europäische Rabenvogel mit fast 70 cm Größe und einer Flügelspannweite von bis zu 130 cm (Größe etwa wie Mäusebussard), nistet sehr oft an Felsen, aber auch auf hohen Bäumen. Die Art ist relativ scheu und wachsam und am Brutplatz sehr störungsempfindlich. Die Ablage der meist 3-6 Eier erfolgt teilweise bereits im März. Die Jungvögel schlüpfen im April, die Nestlingszeit dauert ca. 6 Wochen. Nach dem Ausfliegen der Jungvögel etwa im Juni bleibt die Familie noch einige Monate zusammen. 

Uhu (Bubo bubo)
Der Uhu ist unsere größte Eulenart und wird bis 73 cm groß bei einer Flügelspannweite von bis zu 170 cm. Er ist ebenfalls ein Felsbrüter, nimmt aber auch im Schutz alter Baumstämme seine Neststandorte ein. Obwohl er nacht- bzw. dämmerungsaktiv ist, gilt dies natürlich nicht zur Brutzeit, wo der Brutplatz großräumig gemieden werden muss. Die Brutzeit ist von März bis Juli, wenn man die Jungenaufzucht berücksichtigt. Der Uhu ist ein Standvogel, er bleibt also das ganze Jahr im Gebiet. Die Nahrung des Uhus bilden in erster Linie kleine bis mittelgroße Säuger und Vögel.




Wanderfalke (Falco peregrinus)
Der Wanderfalke gehört zu den größten Falkenarten Österreichs. Das Weibchen wird über 50 cm groß, bei bis zu knapp 115 cm Flügelspannweite. Durch den Pestizideinsatz hat dieser Falke in den 1950er- und 60er-Jahren einen extremen Bestandseinbruch verzeichnet. Seitdem sind die Bestände wieder steigend, aber der Wanderfalke ist nirgends häufig. In der Wachau sind aktuell 1-2 Brutpaare, Potential wäre aber durchaus für mehr. Wanderfalken schlagen ihre Beutevögel in der Luft, dabei wurden Geschwindigkeiten im Sturzflug von über 300 km/h gemessen. De facto ist der Wanderfalke damit das schnellste Tier der Erde.
Wie der Kolkrabe ist er ebenfalls ein Felsbrüter, Baumbruten sind äußerst selten.


 

Wachau – Weltkulturerbe
Die Wachau ist seit dem Jahr 2000 Weltkulturerbe. Der uralte Siedlungsraum zwischen Krems und Melk wurde erstmals 830 in einer Urkunde der Karolinger erwähnt.
Die Wachau wird laut Definition der UNESCO als das Tal der Donau bzw. die Landschaft im und um das Tal der Donau zwischen Melk und Krems definiert.
Die Abgrenzung nach Süden zum Dunkelsteinerwald (Mostviertel) bzw. nach Norden zum Waldviertel sind jeweils die donaunähesten Bergrücken. Im Spitzer Graben reicht das Gebiet bis Mühldorf. Die Wachau ist nicht nur ein bekanntes Weinbaugebiet internationalen Formats, sondern – viel weniger bekannt – auch ein bedeutendes und wichtiges Gebiet für das Vorkommen zahlreicher, vor allem auch spezialisierter Vogelarten. Die Region ist eine von 58 „Important Bird Areas“ in Österreich.




Verhaltenstipps beim Klettern
Wenn beim Klettern ein Horst beobachtet wird, wo brütende Altvögel oder bereits Jungvögel sitzen oder auch ein Gelege gefunden wird, sollte man diesen Bereich großräumig umklettern. Andernfalls kann es dazu führen, dass sich die Vögel so bedrängt fühlen, dass sie ihre Brut unterbrechen und die Eier dadurch auskühlen oder bei mehrmaliger Störung die Brut überhaupt aufgeben. Wenn möglich, den Fund auch melden (siehe unten).
Welche Gebiete ohne Probleme?
Die Empfehlung lautet, sich auf die bereits stärker bekletterten Gebiete zu konzentrieren und neue Gebiete möglichst nicht zu erschließen. Prinzipiell sind auch bereits bekletterte Gebiete für Felsbrüter potentieller Lebensraum, sprich: Konzentration auf wenige Gebiete gibt auch mehr Lebensraum und „Luft“ für Felsbrüter.

Beobachtung melden:
Mail an [email protected], auch für Fragen zum Thema Natur/Vogelschutz in der Wachau.